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Gesetzlicher Unfallschutz trotz Umweg

20.11.2017

Egal, ob man an eine Straßensperre kommt oder wetterbedingt bei einem Freund übernachtet und dann von dort zur Arbeit fährt, es gibt diverse Gründe, warum man vom sonst üblichen Arbeitsweg abweicht. Normalerweise steht zwar ein Unfall, der sich auf dem direkten Weg von der Wohnung zur Arbeit hin oder zurück ereignet, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, nicht jedoch ein Unfall während eines Umweges. Doch es gibt, wie die Rechtsprechung zeigt, unter Umständen auch Umwege, die gesetzlich abgesichert sind.

Wer als Arbeitnehmer auf dem Weg zwischen seiner Wohnung und seinem Arbeitsplatz einen Unfall erleidet und sich dabei verletzt, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Er hat dann einen Anspruch auf entsprechende Leistungen, wie die medizinische Versorgung, Reha-Maßnahmen, ein Verletztengeld und/oder eine Unfallrente. Für derartige Wegeunfälle von Arbeitnehmern ist der gesetzliche Unfallversicherungs-Träger wie zum Beispiel eine branchenspezifische Berufsgenossenschaft zuständig.

Kein gesetzlicher Unfallschutz besteht in der Regel, wenn der Verunfallte während eines Umweges zu seinem sonst üblichen Arbeitsweg oder während einer Unterbrechung des Weges von der Wohnung zur Arbeit oder zurück verunfallte. Es gibt jedoch Ausnahmen.

Die Ausnahmen von der Regel

Es gibt diverse Gerichtsurteile, aber auch rechtliche Regelungen, nach denen Umwege während des Arbeitsweges unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Grundsätzlich ist zum Beispiel auch der Weg zu einem Freund, um bei diesem zu übernachten, und nach der Übernachtung direkt in die Arbeit zu fahren, ebenfalls gesetzlich unfallversichert, wenn dessen Wohnung nicht unwesentlich weiter von der Arbeitsstelle entfernt ist als die eigene.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) (Az.: B 2 U 40/97 R) sind zudem auch Wege, die zwischen der Arbeitsstelle und einem anderen Ort als Ziel oder Ausgangspunkt liegen, unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls gesetzlich unfallversichert. Zum einen muss in diesem Fall der Weg von oder zur Arbeit dorthin im angemessenen Verhältnis zur Entfernung des normalen Arbeitsweges stehen und zum anderem muss der Aufenthalt an dem anderen Ort mindestens zwei Stunden betragen. Der Weg von diesem Ort nach Hause ist dann jedoch nicht mehr versichert.

Ebenfalls unter den gesetzlichen Unfallschutz fallen Umwege, die Eltern während ihres Weges von oder zur Arbeit fahren, um ihre Kinder in den Kindergarten, in eine Tagesbetreuung oder in die Schule zu bringen oder abzuholen, und deshalb vom direkten Arbeitsweg abweichen. Des Weiteren sind auch Abweichungen vom direkten Arbeitsweg gesetzlich unfallversichert, wenn man mit anderen erwerbstätigen oder versicherten Personen eine Fahrgemeinschaft hat und diese von zu Hause abholt und/oder zur Arbeitsstätte bringt. Es muss sich dabei nicht um die gleiche Arbeitsstätte handeln.

Was bei Staus, Straßensperrungen und Unterbrechungen gilt

Gesetzlich unfallversichert bleibt auch, wer eine andere als die kürzeste Strecke wählt, um beispielsweise einen Verkehrsstau zu umfahren oder um aus sonstigen Gründen eine bessere Verkehrsverbindung zu haben, und so zum Beispiel schneller oder sicherer den Weg zurücklegt. Das Gleiche gilt bei notwendigen Umwegen beim Arbeitsweg aufgrund einer Umleitung.

Kein gesetzlicher Unfallschutz besteht allerdings, wenn man aus privaten Gründen, zum Beispiel um einkaufen zu gehen, das eigene Auto zu tanken oder Geld vom Bankautomat abzuheben, auch nur wenige Meter vom direkten Arbeitsweg abweicht oder den Arbeitsweg unterbricht.

Dauert die Unterbrechung nicht länger als maximal zwei Stunden und kehrt man dann zum direkten Arbeitsweg zurück, besteht für den Rest der Strecke wieder der gesetzliche Unfallschutz. Dies geht unter anderem aus einer Erläuterung zum Thema Wegeunfall der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse und einem Urteil des BSG (Az.: B 2 U 23/03 R) hervor. Dauert eine Unterbrechung des Arbeitsweges aus privaten Gründen jedoch länger als zwei Stunden, ist man auch für die restliche Wegstrecke nicht mehr gesetzlich unfallversichert.

Wenn Schnee und Eis die Pläne ändern

Ein Beispiel zu diesen Ausnahmen: Eine Arbeitnehmerin war nach der Arbeit mit ihrem Pkw zu ihrem Freund gefahren. Während sie bei ihrem Freund war, setzten starke Schneefälle ein. Deshalb entschloss sie sich, nicht wie geplant noch abends nach Hause zurückzukehren, sondern am nächsten Morgen direkt von ihrem Freund zur Arbeit zu fahren. Während dieser Fahrt verunglückte sie und erlitt Verletzungen. Die Berufsgenossenschaft (BG) erkannte den Unfall nicht als Wegeunfall an und lehnte eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab.

Die Begründung der BG: Der Weg von der Wohnung des Freundes habe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem sonst üblichen Arbeitsweg der Frau zur Arbeit gestanden. Doch obwohl der Weg 26 Kilometer länger war als ihr üblicher Arbeitsweg, wurde die Berufsgenossenschaft vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen-Bremen (Az.: L 3 U 50/12) zur Leistung verpflichtet. Die Begründung: Die Frau hatte einen guten Grund, nicht mehr nach Hause zu fahren, denn auch laut dem Deutschen Wetterdienst war die Region wiederholt von Schneeschauern betroffen.

Die Straßen waren zudem von Schnee bedeckt und wegen überfrierender Nässe vereist. Laut Richter steht ein Beschäftigter auch dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn er am nächsten Morgen auf dem Weg von jenem Ort, an dem er übernachtet hat, verunglückt, nachdem eine gefährliche Wetterlage seine Heimfahrt verhinderte. Das gelte auch dann, wenn dieser Weg wie im genannten Gerichtsfall um einiges länger sei als der sonst übliche Arbeitsweg.

Rundumabsicherung

Da nicht jeder Umweg gesetzlich unfallversichert ist und die Mehrheit der Unfälle, nämlich die, die sich zu Hause und in der Freizeit ereignen, gar nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt wird, ist eine private Absicherung wichtig. Das Gleiche gilt für Selbstständige, die in der Regel auch keinen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung haben.

Und auch wenn Arbeitnehmer, Schüler und Studenten einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben, reichen diese häufig nicht, um unfallbedingte Zusatzkosten und/oder Einkommenslücken ausreichend abzudecken.

Die privaten Versicherer bieten diesbezüglich diverse, für den individuellen Bedarf passende Lösungen an, um nach einem Unfall trotz eines möglichen fehlenden oder unzureichenden gesetzlichen Unfallschutzes finanziell ausreichend abgesichert zu sein. Unter anderem empfiehlt es sich, zum Beispiel mit einer privaten Unfall-, Erwerbs-, Berufsunfähigkeits- und/oder Krankentagegeld-Versicherung unfallbedingte Einkommensausfälle und Zusatzkosten abdecken.

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